Unfallchirurgen und Geriater arbeiten Hand in Hand
Gastbeitrag unseres Experten Dr. Jochen Hoffmann, Chefarzt der Klinik für Geriatrie im St. Hildegardis Krankenhaus, Köln
Eine Richtlinie schreibt seit Jahresbeginn 2021 vor, dass Patienten mit hüftgelenksnahen Oberschenkelbrüchen interdisziplinär behandelt werden müssen. Davon profitieren Betroffene enorm.
Von so genannten „hüftgelenksnahen Oberschenkelbrüchen“ betroffen sind meist ältere Patienten. Studien belegen: Findet die Behandlung von Beginn an unter Einbezug von Fachärzten für Geriatrie statt, sinken das Komplikationsrisiko sowie die Gefahr von Langzeitschäden, und das Behandlungsergebnis ist besser. Eine Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses schreibt seit Anfang 2021 vor, dass diese Patienten gemeinsam von Unfallchirurgen und Geriatern behandelt werden müssen.
Lösung im Verbund
Was viele Krankenhäuser vor Probleme stellt, konnten wir in Kooperation mit den Unfallchirurgen im eigenen Haus und im Verbund des Krankenhausträgers (Stiftung der Cellitinnen e.V. Köln) lösen: Unser geriatrisches Ärzteteam arbeitet seit vielen Jahren gut mit dem unfallchirurgischen Team im eigenen Haus zusammen. Diese fachübergreifende Zusammenarbeit ist nun auf die anderen Krankenhäuser im Verbund ausgeweitet worden: Chefarzt und Oberärzte der Klinik für Geriatrie des St. Hildegardis kommen zur gemeinsamen Patientenversorgung mit den Unfallchirurgen in das Krankenhaus der Augustinerinnen und das St. Antonius Krankenhaus. Die unfallchirurgischen Oberärzte und Chefärzte der anderen Häuser visitieren in unserem Haus die gemeinsamen Patienten in der Geriatrie.
Interdisziplinäre Behandlung – von Anfang an
Bereits bei Aufnahme findet bei Oberschenkelbruch-Patienten (≥65) ein geriatrisches Screening zu Risikofaktoren, Delir und Gebrechlichkeit statt. Diese und die Ergebnisse des weiteren geriatrischen Assesments (u.a. Tests zu Mobilität, Kognition und Alltagskompetenz) besprechen Geriater und Unfallchirurgen in einer wöchentlichen gemeinsamen Visite und einer Fallbesprechung mit Pflegenden, Sozialdienst-Mitarbeitern und Physiotherapeuten. Der so entwickelte individuelle Therapieplan hat stets die Erhaltung und Wiederherstellung größtmöglicher Selbstständigkeit als Ziel.
Von der Umsetzung der „Richtlinie zur Versorgung der hüftgelenknahen Femurfraktur“ profitieren Betroffene in mehrfacher Hinsicht: Unfallchirurgen und Geriater bündeln ihre Kompetenzen, um nicht nur ein optimales Operationsergebnis, sondern auch ein bestmögliches Langzeitergebnis zu erzielen. Die spezialisierte Mitversorgung von Vorerkrankungen durch Fachärzte für Geriatrie macht die Behandlung zudem zielgenauer, beispielsweise durch die in der Geriatrie so wichtige Überprüfung von Medikamenten und deren Wechselwirkungen (Polymedikationsmanagement).
Weitere Vorteile der Zusammenarbeit liegen u.a. in der verbesserten medikamentösen Schmerztherapie, der Delirprophylaxe bzw. zeitgerechteren Demenzdiagnostik, der besseren Sturz-Abklärung und Prophylaxe und der frühzeitigen Osteoporose-Diagnostik durch den gleichzeitigen Einsatz des Geriaters zusammen mit dem Unfallchirurgen.
© Dr. Jochen Hoffmann, 2021