Ergebnisse der IDEA – Studie (I)
Die Alzheimer Selbsthilfe e.V. war an der „IDEA“-Beobachtungsstudie* maßgeblich beteiligt. (* IDEA: „Improving Alzheimer Dementia Treatment: Epidemiological Assessment of Doctors‘, Patients‘ and Cargivers’s unmet Needs“ ) Bei dieser Studie wurde mit über 400 pflegenden Angehörigen von Alzheimer-Patienten der Frage nachgegangen, wie gut die mit der Behandlung der Demenzpatienten betrauten Fachärzte die Belastung der pflegenden Angehörigen einschätzen können. Darüber hinaus wurde geprüft, wie häufig tatsächlich vorliegende psychische Störungen beim Angehörigen (z. B. Depressionen) vom Facharzt erkannt werden. Befragt wurden pflegende Angehörige und Fachärzte im Großraum Dresden und Köln.
Aktuell wurden nun Ergebnisse dieser Studie zu Belastung pflegender Angehöriger veröffentlicht:
Belastung pflegender Angehöriger von Alzheimer-Patienten: auch vom Arzt häufig unterschätzt
Pflegende Angehörige von Patientinnen und Patienten mit der Alzheimer-Demenz sind aufgrund der Pflegetätigkeit immensen körperlichen und psychischen Belastungen ausgesetzt. Gleichzeitig nimmt die Pflege bereits in frühen Stadien der Demenzerkrankung sehr viel Zeit in Anspruch, so dass den Pflegenden meist keine Zeit mehr für die eigene Gesundheitsvorsorge bleibt. Der Erhalt der eigenen Gesundheit ist jedoch eine wichtige Grundlage, um die Pflege weiter ausführen zu können. Aufgrund der knappen Zeitressourcen stellt der Arzt, der den Demenzpatienten behandelt, auch für den pflegenden Angehörigen häufig den einzigen Kontakt zum Gesundheitssystem dar. Der Arzt des Demenzpatienten hat daher eine wichtige Bedeutung für die möglichst frühzeitige Erkennung einer Überlastung des pflegenden Angehörigen. In der „IDEA“-Beobachtungsstudie* wurde an über 400 pflegenden Angehörigen von Alzheimer-Patienten der Frage nachgegangen, wie gut die mit der Behandlung der Demenzpatienten betrauten Fachärzte die Belastung der pflegenden Angehörigen einschätzen können. Darüber hinaus wurde geprüft, wie häufig tatsächlich vorliegende psychische Störungen beim Angehörigen (z. B. Depressionen) vom Facharzt erkannt werden.
Die Ergebnisse der Studie weisen auf eine deutliche Unterschätzung der Problematik hin. Mehr als zwei Drittel aller pflegenden Angehörigen (73,7%) litten selbst an schwerwiegenden Krankheiten wie z. B. kardiovaskulären Erkrankungen, Arthrose, chronischen Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts oder Bandscheibenvorfällen. Durchschnittlich 43,7% aller pflegenden Angehörigen litten an klinisch relevanten depressiven Symptomen (23,7% leichtgradige Depression, 16,4% Major Depression). Pflegende Kinder waren davon häufiger betroffen als pflegende Ehepartner (53.5% vs. 38.9%).
Demgegenüber wurde vom behandelnden Facharzt der Anteil der mittel bis schwer belasteten pflegenden Angehörigen mit 14,1% (körperlich belastet) bzw. 28,1% (psychisch belastet) als deutlich geringer eingeschätzt. Zwei Drittel (65,6%) aller tatsächlich depressiven pflegenden Angehörigen wurden vom Arzt als nicht behandlungsbedürftig bzw. nicht depressiv eingestuft.
Fragt man die pflegenden Angehörigen, wie gut sie sich über die Alzheimer-Krankheit informiert fühlen, geben 66,1% „sehr gut bis gut“ an und 24,8% „mittelmäßig“. 9,1% der Angehörigen gaben an, „schlecht oder überhaupt nicht“ über die Erkrankung informiert zu sein. Mehr als jeder dritte pflegende Angehörige aus dieser Gruppe wurde vom Facharzt jedoch als „gut informiert“ eingeschätzt .
In der Summe deuten die Ergebnisse der Studie daher auf eine Unterschätzung sowohl der körperlichen und psychischen Belastung durch die Pflege als auch des Ausmaßes des Wissens über die Alzheimer-Krankheit hin.
Quelle: Riedel, O., Klotsche, J. & Wittchen, H.-U. (2016). Overlooking informal dementia caregiver’s burden. Research in Gerontological Nursing, 9: 167-174.